Solidarität in Zeiten der Coronakrise

Ein Überblick über Strukturen und Aktivitäten in Hamburg

Die Ausbreitung der Corona-Pandemie hat große Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Physische Versammlungen sind verboten (erst Mitte April gab es in dieser Hinsicht erste Zugeständnisse, kleinere Kundgebungen bei Abstandswahrung zu genehmigen), gleichzeitig muss in vielen Bereichen trotz Gefährdung weitergearbeitet werden. In verschiedenen Arbeitsfeldern versuchen wir gemeinsam mit anderen Akteur*innen in der Stadt, Nachbarschaftshilfe auf die Beine zu stellen, Solidarität zu organisieren und uns kollektiv gegen Auswirkungen wie Arbeitslosigkeit, Wohnprobleme usw. zu wehren. Im Folgenden findet ihr eine Übersicht.

 
Hamburg Solidarisch gegen Corona

Binnen Kürze ist ein Geflecht von Strukturen gelebter Nachbarschaftssolidarität entstanden. Diese vernetzen sich vorrangig über Telegram, mittlerweile gibt es über 30 Stadtteilgruppen. Zusammen firmieren sie unter dem Dach „Hamburg Solidarisch gegen Corona“.

Mehr Infos findet ihr in verschiedenen Sprachen unter: https://corona-soli-hamburg.org/doku.php

In einzelnen Stadtteilen sind zudem Hotline-Angebote entwickelt worden, bei denen sich sowohl Menschen melden können, die Hilfe (z.B. beim Einkaufen, aber auch bei Problemen mit Job oder Miete) benötigen, als auch solche, die Hilfe anbieten. Außerdem gibt es eine Hamburg-weite Hotline.

Hamburg: 0176 29208918 


Harburg: 0176 68663113 


St. Pauli: 0152 27210682 


Veddel: 0152 02563582 


Wilhelmsburg: 0157 33859764 


Münzviertel: 0152 10816889

Netzwerk Arbeitskämpfe
Das Netzwerk Arbeitskämpfe hat sich 2019 aus einer Veranstaltungsreihe zu linker Klassenpolitik heraus gegründet. Beschäftigte aus verschiedenen Arbeitsbereichen ebenso wie Studierende, Erwerbslose und Rentner*innen tauschen sich hier über ihre Arbeitsbedingungen aus und entwickeln Strategien sich zu wehren. Mehr Infos: https://netzwerk-arbeitskaempfe.org/
In den ersten Wochen der Corona-Krise hat sich das Netzwerk in die Nachbarschaftshilfe eingebracht und zwei Statements zur politischen Situation veröffentlicht – gegen eine Krisenlösung auf Kosten der Lohnabhängigen (https://netzwerk-arbeitskaempfe.org/2020/03/19/keine-krisenloesung-auf-unsere-kosten/) und ein autoritäres Krisenmanagement (https://netzwerk-arbeitskaempfe.org/2020/03/30/solidaritaet-statt-autoritaeres-krisenmanagement/).

Ein Arbeitskampf, der von studentischen Beschäftigten geführt wird, ist der für einen Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte an den Hamburger Hochschulen. Die Initiative TV Stud ist aktuell allerdings auch mit Corona-bedingten Problemen wie der Kündigung oder Nichtverlängerung von Verträgen usw. konfrontiert.

Mehr Infos: https://www.tvstud-hamburg.de/

Seebrücke Hamburg

Die Seebrücke engagiert sich seit 2017 gegen das Sterben im Mittelmeer und für sichere Fluchtwege nach Europa. Aktuell geht es vor allem um die Evakuierung der überfüllten Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln: #LeaveNoOneBehind. Die Hamburger Ortsgruppe der Seebrücke hat auch während der Corona-Krise nicht nachgelassen, entsprechende Forderungen aufzustellen und Proteste zu organisieren. Eine für den 5. April geplante zentrale Kunstaktion auf dem Fischmarkt, bei der „Spuren“ in Form von Schuhen und Fußabdrücken hinterlassen werden sollten, wurde zwar von der Versammlungsbehörde verboten. Sie fand dennoch in Form vieler kleiner dezentraler Protestaktion statt. Am 18. April folgte eine Mahnwache um die Binnenalster. Über 60 Menschen demonstrierten in vier separaten Kundgebungen, nachdem eine große „Abstands-Mahnwache“ untersagt worden war. Mehr Infos: http://seebruecke-hamburg.de/

Open the Hotels!

Initiiert von Aktivisten der Gruppe Lampedusa in Hamburg, deren Protestzelt am 26. März von der Stadt abgerissen wurde, rufen verschiedene Initiativen wie das Café Exil, das Medibüro und Asmaras World zur Zeit dazu auf, dass die Stadt Wohnungslose in Hotels unterbringt anstatt sie auf der Straße oder in überfüllten Gemeinschaftsunterkünften und Lagern einem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen. Prominente wie die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano unterstützen die Forderung, und auch ein Hotel erklärte seine Bereitschaft mitzumachen, während die Stadt sich weigert darauf einzugehen. Stattdessen hat ein großes Unternehmen Anfang April zugesagt, bis zu 250 Wohnungslosen einen Hotelaufenthalt zu finanzieren. Mehr Infos findet ihr z.B. bei Lampedusa in Hamburg und dem Medibüro: https://de-de.facebook.com/lampedusainhamburg/ / https://de-de.facebook.com/Medibuero.Hamburg/

Podcast „Corona – Krise – Kapitalismus“

In einer Podcast-Reihe beleuchten wir die Auswirkungen der Coronakrise in verschiedenen Feldern und werfen einen Blick auf die Klassenverhältnisse. Denn auch wenn die Pandemie als „Naturkatastrophe“ erscheint, sind Menschen von den sozialen und gesellschaftlichen Folgen in ganz unterschiedlichem Maße betroffen. Ob man als Pflegerin in einem existenziell notwendigen Sektor arbeitet, der mit einer extremen Überlastung konfrontiert ist; ob man als prekär Beschäftigter von einem Tag auf den anderen vor der Pleite steht; oder ob man trotz Gesundheitsgefährdung weiter mit vielen Menschen zur Arbeit gehen muss – die Auswirkungen der Pandemie treffen besonders jene Menschen stark, die lohnabhängig sind, eh schon in prekären Jobs arbeiten oder gesellschaftlich marginalisiert sind. Ungleichheit, Wohnungslosigkeit und andere Auswüchse des Kapitalismus werden in verschärfter Form sichtbar. In den kommenden Sendungen wollen wir verschiedene Facetten der sozialen Auswirkungen der Coronakrise in den Fokus rücken.

Folge 1: Was geht eigentlich ab in den Krankenhäusern?

Folge 2: Prekäre Beschäftigung und die Situation von Gastro-Arbeiter*innen in der Krise

Folge 3: Verschwörungstheorien in der Corona-Krise

Folge 4: Gewalt gegen Frauen*