Der kurdische Aktivist Kenan Ayas, der in der Türkei aus politischen Gründen inhaftiert und gefoltert wurde und in Zypern politisches Asyl bekam, wird in Hamburg der Prozess wegen Mitgliedschaft in der PKK gemacht. Er wurde im Herbst 2023 mittels eines europäischen Haftbefehls nach Deutschland ausgeliefert, um sich hier einer Anklage wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129 b StGB zu stellen. Konkret wird ihm die Mitgliedschaft in der Organisation PKK vorgeworden – weitere Straftaten soll er nicht begangen haben. Ausreichend für eine Strafandrohung von bis zu zehn Jahren ist die Mitgliedschaft einer Organisation die sich – teils militant – für die Rechte der Kurden im Mittleren Osten einsetzt. Besonders perfide ist die Anerkennung des Unrechts, das Kenan angetan wurde, und die gleichzeitige Negierung seines Rechts, Widerstand zu leisten.
Nach acht Prozesstagen im letzten Jahr ist die Beweislage weiterhin extrem dürftig. Der Staat überwachte jahrelang – seit 2019 - verschiedene Handys und konnten ermitteln, dass Aktionen für ein Flüchtlingslager in Machmur erforderlich sein oder ein Projektor organisiert werden soll. Nach Wertung des BKA eindeutige Beweise für „Kaderanweisungen“. Doch ob tatsächlich Kenan diese Nachrichten getippt habe, bleibt genauso nebulös wie die Vorstellung des Polizei, wann genau der Einsatz für ein Flüchtlingslager eine Unterstützungshandlung für eine Terrororganisation sein soll.
Ein politisches Verständnis der PKK ist nicht möglich, ohne den jahrzehntelangen Konflikt in der Region zu verstehen. Nach dem Militärputsch in der Türkei vom 12. September 1980 wurde noch repressiver gegen Kurden im türkischen Staatsgebiet vorgegangen. Ihre Sprache und Kultur wurde unterdrückt, den Kindern wurde in der Schule verboten, ihre Muttersprache zu sprechen und jede Form der kurdischen Kultur sollte ausgelöscht werden. Dies traumatisierte eine ganze Generation von kurdischen Kindern, denen von staatlicher Seite eingetrichtert wurde, ihre Sprache und Identität sei etwas Schlechtes.
In den 1990er Jahren begann die PKK Anschläge in der Türkei auf Militärstationen und andere staatliche Einrichtungen zu verüben. Dies wurden mit brutalen Vergeltungsschlägen des türkischen Militärs beantwortet. Tausende Kurdinnen und Kurden verloren ihr Zuhause, ihre Lebensgrundlage oder ihr Leben.
1993 wurde Kenan als 18-jähriger zusammen mit seinem damals erst 13 Jahre alten Bruder von der türkischen Polizei festgenommen und tagelang gefoltert. Kenans Bruder konnte sich nie ganz von der psychischen Folter, die er als Kind erdulden musste, erholen.
Vor dem Hintergrund dieser grausamen Verbrechen des türkischen Staates ist es grotesk, dass Deutschland den Kampf gegen die kurdische Bewegung auf juristischer Ebene in Deutschland weiterträgt. Als Nato -Partner übt die Türkei immer wieder Druck auf die EU aus, damit diese härter gegen kurdische Aktivistinnen und Aktivisten vorgehen – zuletzt bei der Frage des NATO-Beitritts Finnlands. Daher müssen wir auch hier in Deutschland gegen die deutsche Repression gegen die kurdische Bewegung aktiv werden. Zeigt eure Solidarität, schaut hin, wenn in Deutschland gegen kurdische Aktivistinnen und Aktivisten der Repressionsapparat aufgefahren wird, kommt zu den weiteren öffentlichen Verhandlungstage gegen Kenan im Jahr 2024!