NO JUSTICE - NO PEACE
Zum gewaltsamen Tod von William Tonou Mbobda am Universitätsklinikum Eppendorf
Du bist Patient des Universitätsklinikums in Hamburg-Eppendorf und wirst vom Security-Dienst ins Koma geprügelt. Wenn du Glück hast, überlebst du, wenn nicht – bist du William Tonou Mbobda. Klingt nach einem Alptraum? Leider ist das die Realität, wenn du Schwarz bist.
Mbobda wurde am Ostersonntag von Sicherheitsmitarbeitern der psychiatrischen Tagesklinik des UKE gegen seinen Willen am Boden fixiert und so brutal zusammengeschlagen, dass er unmittelbar danach wiederbelebt und in ein künstliches Koma versetzt werden musste. Aus dem Koma ist er nie wieder aufgewacht. Augenzeugen berichteten, dass Mbobda vor dem Übergriff friedlich auf einer Bank gesessen und eine Zigarette geraucht hatte. Als Patient wurde er an dem Ort getötet, an dem er Hilfe gesucht hatte.Die öffentlichen Reaktionen des UKE auf diesen Vorfall sind völlig inakzeptabel. Sie laufen darauf hinaus, Mbobda die Schuld für seine eigenen Tod zuzuschieben. So wurde behauptet, er hätte sich zuvor aggressiv verhalten und in einer afrikanischen Sprache herumgeschrien. Mbobda sprach aber gar keine afrikanische Sprache, sondern nur Englisch, Französisch und Deutsch. In einem internen Schreiben sagt das UKE, die Zwangsmaßnahme sei zur Abwendung von Eigengefährung vorgenommen worden. Was für eine absurde Begründung - angesichts des brutalen Vorgehens und des tödlichen Ausgangs. Das UKE möchte ermitteln, ob ein medizinischer Grund - wie ein Herzfehler – zum Tod Mbobdas geführt hat. Sein Herz hat aber nicht ohne äußere Einwirkung aufgehört zu schlagen – das wissen wir alle.
Wenn wir über den brutalen und tödlichen Übergriff auf Tonou Mbobda sprechen, dann müssen wir von Rassismus ausgehen. Wir müssen über gesellschaftlichen, institutionellen und persönlichen Rassismus sprechen:
- Angestellte des UKE berichten, dass der Mitarbeiter*innen des hauseigenen Sicherheitsdiensts häufig durch rassistische Sprüche und "Witze" aufgefallen sind.
- Schwarzen Menschen wird häufig mit Misstrauen begegnet, ihnen wird schnell Kriminalität und Gewaltbereitschaft unterstellt. Statt mit Mitgefühl wird ihnen häufig mit Ablehnung oder sogar mit Gewalt begegnet. Das ist die Folge verbreiteter rassistischer Stereotype in der deutschen Mehrheitsgesellschaft.
- Tonou Mbobda ist nicht das erste Todesopfer rassistischer Gewalt im UKE. Vor ihm starb Achidi John in Folge der Brechmittelvergabe durch die Rechtsmedizinische Abteilung des UKE unter Leitung von Dr. Püschel. Die zwangsweise Gabe von Brechmittel gegen (schwarze) Menschen, denen unterstellt wurde, Drogen zu verkaufen. Diese Praxis wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 2006 als "unmenschliche und erniedrigende Behandlung" und damit als Verstoß gegen die Anti-Folterkonvention gewertet. Niemand ist je für den Tod von Achidi John zur Verantwortung gezogen worden. Dr. Püschel ist immer noch Leiter der Rechtsmedizin am UKE. Er setzt sich für die rassistische Praxis der Altersfeststellung von Minderjährigen Geflüchteten mittels Vermessung der Handwurzelknochen ein, trotz der massiven Bedenken der Ethikkomission der Deutschen Ärztekammer. Eine "unabhängige" Untersuchung des gewaltsamen Todes von Tonou Mbobda durch diese Rechtsmedizinischen Abteilung des UKE ist daher ausgeschlossen. untersucht.
- Die Geschichte der rassistischen Morde durch den NSU und der Umgang von Verfassungsschutz, Polizei und Justiz sind ein trauriges Besipiel dafür, dass das Mordmotiv "Rassismus" von staatlichen Institutionen, Polizei und Verfassungsschutz ausgeblendet, ignoriert, gedeckt und vertuscht wird.
- Dem Leben eines*r schwarzen Menschen wird weniger Wert beigemessen wird, als dem eines*r „Weißen“: Während z.B. - wie jüngst vor Norwegen - große Anstrengungen unternommen werden in Seenot geratene Tourist*innen zu retten, wird die Rettung von Menschen auf der Flucht aktiv unterbunden und die Fahrt mit Linienschiffen oder Flugzeugen durch Visumspflichten verhindert. Das Sterben im Mittelmeer ist von der EU geplant und gewollt.
Wir müssen auch über Diskriminierung und Gewalt gegen Menschen mit psychischen Erkrankungen sprechen. Eine psychische Erkrankung zu haben, ist gesellschaftlich ein Tabu. Auch psychisch kranken Menschen wird häufig unterstellt, gefährlich und gewalttätig zu sein. Studien belegen aber, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen weit überdurchschnittlich Opfer von Gewalt werden. Einie wichtige Rolls spielt hierbei auch die Gewalt in psychiatrischen Einrichtungen. Zwangsmaßnahmen in Psychiatrien gegen Patient*innen werden immer noch viel zu häufig angewandt. Hintergrund ist auch die bloße Verwaltung psychisch erkrankter Menschen, rentabel und mit möglichst wenig Personal. Gesundheit als Ware.
Die Black Community Hamburg spricht von einem rassistischen Mord. Wir schließen uns ihrer Forderung der nach einer lückenlosen Aufklärung des gewaltsamen Todes von William Tonou Mbobda an. Wir fordern die sofortige Entlassung und unabhängige Ermittlungen gegen die beteiligten „Security”-Mitarbeiter des UKE. Wir haben kein Vertrauen in das UKE, wir haben insbesondere kein Vertrauen in die Rechtsmedizinische Abteilung des UKE, wir haben kein Vertrauen in Polizei und Justiz. Wir verlangen daher eine Aufklärung durch wirklich unabhängige Stellen. Wir fordern Transparenz. Wir fordern Gerechtigkeit.
Lasst uns unsere Empörung und Wut über rassistische Machtverhältnisse zeigen und diese gemeinsam zum kollektiven Ausdruck auf die Straße bringen! Lasst uns jeden Tag über Mbobda sprechen – in der Schule, an der Uni und auf der Arbeit, in unseren Familien und mit unseren Freunden, auf Demonstrationen, vor dem UKE und im Rathaus. Sein Name soll in jeder Straße dieser Stadt an die Wand gesprüht werden. Sein Name darf nicht vergessen werden.